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Interview mit Stefan Gorski
(Schauspieler, Prinz Lassmann in "Helene, die wahre Braut")

19. November 2020

Stefan Gorski, 1991 in Wien geboren, spielt in dem Märchenfilm "Helene, die wahre Braut" den Prinzen Lassmann.

Sie spielen im Film die Rolle des Prinzen Lassmann: Wie würden Sie Ihre Rolle beschreiben?
In meinen Augen ist Prinz Lassmann ein überwiegend bescheidener Prinz, der sich ob seines Titels nicht zu schade ist, gewöhnliche Tätigkeiten seinen Dienern zu überlassen. Er putzt sein Reitgeschirr selbst, weil sein Knappe es nicht gerne mag. Er ist eine gute Führungsposition und weiß um seine Pflichten und die Verantwortung, die er als zukünftige Autorität zu tragen hat. Desweiteren ist er kein grober Mensch, weiß charmant um Erlaubnis zu fragen, und sich nicht einfach zu nehmen. Er wägt ab wem er sein Wort gibt, aber wenn er es tut, hält er es. Am Ende weiß er seinem Herzen und nicht seinem Ego zu folgen.

Wie haben Sie sich auf die Rolle vorbereitet?
Den Löwenanteil meiner Vorbereitungen galt tatsächlich dem Reittraining. Es ist Eine Sache, auf einem Pferd sitzen zu können - mit Flinte, Laute, Schwert und engen Lederkostümen reitend, geübt auszusehen, als hätte man es schon sein Leben lang gemacht, eine Andere.

Konnten Sie sich bei der Umsetzung der Rolle mit einbringen oder wurde strikt nach Plan des Drehbuchs gedreht?
Zoltan Spirandelli war offen für Vorschläge. So sollte es auch sein - es ist Teamwork.

Wie verlief das Casting zum Film?
Auf ein E-Casting folgte ein Live-Casting in Berlin. Die Coronapandemie war ein noch recht neues Ereignis. Es musste wie auch schon aktuell, auf Maßregeln geachtet werden, wie Masken- und Abstandspflicht. Ich wusste bis nach dem Casting tatsächlich nicht ob ich es während der Audition mit dem Caster oder dem Regisseur zu tun hatte - beide habe ich zuvor persönlich noch nie getroffen, und besagte Person trug das ganze Casting über eine Maske (haha) … zwei Szenen waren vorzubereiten und wurden mehrmals aufgenommen, also Standard.

Kannten Sie das Märchen zuvor?
Nein.

Was war für Sie die größte Herausforderung bei den Dreharbeiten?
Luftdichte Kleidung plus Sommerhitze.

Welche Szene war in der Umsetzung am anspruchsvollsten?
Die Erkenntnis über Helenes angeblichen Tod. Die richtige Spielform, zwischen der Seriosität der Situation im Kontra zu Gertruds grotesker Scharade war nicht einfach zu finden, und hinterlässt ehrlicherweise eine Art von Unzufriedenheit.

Wie viele Drehtage hatten Sie für „Helene, die wahre Braut“?
Neun Drehtage.

Gab es besondere Ereignisse beim Dreh?
Üblicherweise gibt es einen Sitzplatz für verschiedene Departments, allen voran dem Regisseur. Es handelt sich üblicherweise um einen faltbaren Campingstuhl, genannt „Regie-Stuhl“. Mit Zoltan Spirandelli habe ich nun auch das „Regie-Rad“ kennengelernt: ein Klapprad, mit dem der Regisseur gerne längere Strecken am Set zurücklegte.

Wie war der Dreh und die Zusammenarbeit mit den Tieren?
Es gab Tage an denen mein Pferd etwas nervöser war. Im Wald etwa, wenn es nicht unbedingt sehr gerne durchs Unterholz watete, und nach seinen Freunden wieherte. Das generiert unerwünschte Spannung, da man ja doch um seine Gesundheit fürchtet und auch auf ein glückliches Fortsetzen der Produktion hofft. Tiere sind keine Maschinen. Man sollte keine Effizienz von ihnen erwarten, zumal wir sie ja zu kreativen und kommerziellen Zwecken quasi missbrauchen.

Haben Sie eine Lieblingsszene im Film? Und warum ist es gerade diese?
Jede Szene mit dem eigentlichen Star des Films: „Wilhelmine“ – das Lämmchen. Zucker, einfach nur Zucker…

Welche Aspekte im Märchen „Helene, die wahre Braut“ sind heute noch aktuell?
Eindeutig das Thema der Zwangsheirat. Auf überwiegend westlich geprägte Familien, mag dies nicht mehr zutreffen. Dennoch gibt es beispielweise im arabischen oder indischen Kulturkreis noch, die Tradition der arrangierten Ehe. Dies geht einher mit der Fremdbestimmtheit der Frau beziehungsweise Tochter durch den Patriarchen, also den Vater. Töchter werden oft nach Bittstellung von Brautwerbern von ihren Eltern zur Ehe gezwungen, und dies oft noch im, nach europäischen Maßregeln, unmündigen Alter. Ein Veto-Recht gibt es kaum. Gefühle, Liebe und Selbstbestimmtheit haben keinen Raum; die Ehe wird zum Geschäft, die weiblichen Nachkommen verkauft für „Ehre“ und „Wohl“ der Familie, also des Vaters. In meinen Augen ein absolutes Verbrechen an der Freiheit des Individuums.

Was ist die Moral von diesem Märchenfilm?
Sei deine eigene Autorität!! und dann - Folge Nichts und Niemandem als deinem Herzen!

An welches Publikum richtet sich der Film?
Mir wurde gesagt: von 0 bis 100?

Im Film bekommt Helene Hilfe von einer Fee. Wenn Sie drei Wünsche frei hätten: was würden Sie sich wünschen?
1.Das Ende der Ausbeutung des Planeten durch den Menschen.
2. Die Antwort auf die Frage nach dem Sinn des Lebens.
3. Wunschlos zu sein.

Würden Sie erneut in einem Märchenfilm mitspielen wollen? Wenn ja, welches Märchen wäre es denn und warum?
Ich bin kein großer Märchenkenner. Insofern kann ich kein konkretes nennen. Aber durchaus – wenn die Story konfliktreich und gut geschrieben ist, die darin proklamierten Werte den meinigen entsprechen... her damit!
Obwohl: Wenn wir Disney als Märchen gelten lassen, dann wohl Quasimodo oder Das Biest, aus „Die Schöne und das Biest“. Zwei Figuren die überaus liebenswert sind, obgleich ihrer äußerlichen Erscheinungsform oder sozialem Status. Der Underdog mit Herz – den feiere ich!

Welche Erfahrung von der ganzen Produktion nehmen Sie mit?
Ach, es war ein schöner Dreh mit netten Kollegen und super Team. Allen voran dem Regieassistenten Michael Dudek, der einen formidablen Job gemacht hat, den Spagat zwischen kreativer und technischer Abteilung gemeistert hat, um das Ding effizient zu halten, ohne dabei den Raum und den nötigen Atem für künstlerische Vorgänge außer Acht zu lassen.
Am Ende ist es ein recht süßer Streifen geworden und ich bin froh Teil von gewesen zu sein.

Oftmals werden ja die Neuverfilmungen sehr kritisiert. Man findet sie oft zu kitschig, zu modern, sie hätten keinen Charme etc. Wie ist Ihre Meinung dazu?
Zunächst muss ich sagen, dass ich mich auf keine „alten“ Verfilmungen von Märchen beziehen kann, insbesondere dieses Stoffes, da ich wie gesagt kein großer Märchenfilmkenner bin.
Jedoch muss ich sagen, dass es sehr richtig war, Grimms Original „Die wahre Braut“ zu modernisieren und umzuschreiben. So ein Märchen, wie auch viele andere Grimm-Märchen würde ich meinen Kindern nicht zu Gemüte führen. Man muss bedenken, diese Märchen wurden zu einer Zeit geschrieben, als die sozialen Bedürfnisse an Hand von existenziell bedrohlichen Ängsten einen anderen Fokus hatten. Aber, dass es beispielsweise immer ein soziales Gefälle zwischen den Protagonisten, sprich dem Liebespaar haben muss, finde ich nicht aktuell und auch im Wesentlichen irrelevant. Dass sich kaum ein Bauernmädchen in einen Streuner verlieben, sondern ausschließlich ein reicher und stattlicher Prinz ihr Hauptaugenmärk werden kann, ist schlicht traurig, und erzählt nicht viel von Klarsicht und Purheit. Als wäre individuelles Glück nur im Wohlstand zu finden, einhergehend mit einer Heirat, die die Existenz sichert, verkleidet in der Idee von Liebe und Leidenschaft, ja diese Idee gar missbrauchend.
Was nach der Hochzeit geschieht, wird gekonnt beiseitegelassen; dafür werden wir mit dem unhaltbaren Versprechen abgespeist, dass sie glücklich „bis ans Ende ihrer Tage“ leben würden... Aber gut, es ist ja ein „Märchen“, also eine Variante. Diese hat ihre Berechtigung, sollte aber nicht als ultimativ geltend angesehen werden und auch nicht als sehr wahrscheinlich und Kinder sollten nicht so verklärt aufwachsen. Bis zur Klarheit wird es sonst ein langer und unnötig beschwerter Weg.
Solange Neuverfilmungen mit solchen verstaubten Werten aufräumen sind sie mir durchaus recht.
Wenn künstlerischer Anspruch an Wahrheit verknüpft ist, sind Emotionen die innerhalb von Situationen entstehen und gezeigt werden, essenziell. Schließlich handeln viele Erzählungen vom Menschen und Dieser fühlt. Wenn jedoch bloß die Emotionalität beziehungsweise Sentimentalität des Zuschauers bedient wird, finde ich das recht banal.

Wie stehen Sie generell zum Thema „Gewalt im Märchen“?
Mir wäre nicht bewusst, dass dies ein Umstrittenes Thema ist. Ich bin kein Verhaltensforscher, kann mir somit keine fundierte Meinung über die Auswirkungen von Gewaltszenen auf Kinder erlauben.
An sich ist Gewalt unter Mensch und Tier ein realer Vorgang, und sollte somit nicht ausgespart werden, wenn der Handlungsstrang davon abhängt. Gewalt und Sex existieren - man sollte Kinder nicht im Glauben aufwachsen lassen, dem wäre nicht so.
Solange Gewalt nicht glorifiziert wird, hat sie in jedem Genre ihre Berechtigung.

Wir bedanken uns für das märchenhafte Interview.

Fotos: David Eberhard, WDR/Wolfgang Ennenbach, Stefan Gorski (Instagram)

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