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Interview mit Max Honert
(Drehbuchautor "Die Hexenprinzessin")

11. Dezember 2020

Max Honert hat schon für viele Märchenfilme das Drehbuch geschrieben. Darunter "Die weiße Schlange" (2014), "Schneewittchen und der Zauber der Zwerge" (2019) oder nun auch zur neuen ZDF-Märchenperle "Die Hexenprinzessin".

Wie sind Sie auf die Idee gekommen, Drehbuchautor bzw. Autor zu werden? Was hat Sie dazu veranlasst?
Ich hatte durch meinen Vater schon frühzeitig Einblicke in die Welt des Films. Er hat viele Jahre erfolgreich als Regisseur, Produzent und Drehbuchautor gearbeitet. Ich fand das spannend und habe mich letztlich für einen ähnlichen Weg entschieden.

Haben Sie sich auf ein bestimmtes Genre spezialisiert?
Nicht bewusst. An der Filmakademie hatte ich immer große Freude daran, mich in verschiedenen Genres auszuprobieren. Die Chance, mich mit Märchen filmisch auseinandersetzen zu dürfen, kam eher unerwartet. Aber es macht mir riesigen Spaß. 

Was mögen bzw. reizt Sie an Ihrem Job als Drehbuchautor?
Urlaub im Leben anderer machen zu dürfen. Ich muss mich in eine Figur hineindenken, ihre Stärken und Schwächen, Vorlieben und Abneigungen ergründen, um diese Figur so wahrhaftig und einzigartig wie mir möglich zu erzählen. Das ist toll.

Gibt es bestimmte Herausforderungen, auf die man sich als Drehbuchautor einstellen sollte?
Das Drehbuch ist allgemein die erste von drei großen Entstehungsphasen eines Films. Danach kommen die Dreharbeiten und zuletzt der Schnitt. In jeder Phase sind unterschiedliche Kreative am Werk mit ganz eigenen Interpretationen von Figuren, Dramatik, Rhythmus, Humor usw. Insofern wird der endfertige Film niemals die bloße Umsetzung des Drehbuchs sein. Das ist ganz oft eine sehr positive persönliche Erfahrung, da es Zugewinn bedeutet.

Wie sieht ein typischer Schreibtag als Drehbuchautor aus?

Das ist wohl typabhängig. In meinem Fall gleicht selten ein Tag dem anderen. Dafür bin ich viel zu undiszipliniert.

Haben Sie bestimmte Bilder im Kopf, wenn Sie am Drehbuch schreiben?
Interessanterweise sehr viele. Ich nähere mich so den Figuren und ihrer Geschichte. Ich weiß aber von Kolleginnen und Kollegen, dass es auch ganz anders geht.

Wie entstand die Zusammenarbeit zwischen Ihnen und dem ZDF für den Märchenfilm „Die Hexenprinzessin“?
Ich bin angefragt worden, die Arbeit von Kai Meyer weiterzuführen. Das märchenerprobte Team des ZDF und ich kannten uns bereits von vorangegangenen Produktionen. Jeder wusste, worauf er sich einlässt.

Wie entstand die Idee zur Verflilmung von „Die Hexenprinzessin“?
Das kann ich nicht aus erster Hand sagen, da ich später dazu kam.

Kannten Sie zuvor das Original-Märchen und wenn ja, wie finden Sie es?
Mir war die Vorlage nicht bekannt. Aber mein Leseeindruck – wie bei vielen Märchen zuvor – war: tolle Figuren und Ideen, die es für einen Film aber unbedingt zu dramatisieren gilt.

Als Sie von der Idee bzw. Produktion erfuhren, hatten Sie da schon Ideen im Kopf wie der Film aussehen könnte?
Der Look des Films vor meinem inneren Auge war von Anfang an ganz stark von Kai Meyers Ideen und visuellen Einfällen geprägt. Seine Buchfassung, die meiner Arbeit zugrunde lag, begeisterte mich durch ihre Atmosphäre. In seinem Sinne habe ich versucht weiterzuarbeiten.

Was war für Sie das Anspruchvollste beim Schreiben und Konzipieren des Drehbuchs zur „Hexenprinzessin“?
Die inhaltlichen Interessen aller Beteiligten (inklusive der meinen) zu vereinen. Oft liegen viele Ideen von verschiedenen Seiten auf dem Tisch. Am Ende ist der Autor derjenige, der mit seiner konkreten Arbeit diese teilweise widerstreitenden Ideen dramaturgisch in Einklang bringen muss. Aber das ist Teil der Reise.

Worum geht es in „Die Hexenprinzessin“?
In gewisser Weise handelt es sich um eine „Coming-of-Age“-Geschichte. Indem Zottel loszieht, macht sie auch eine Reise zu sich selbst. Sie meint, ihre Aufgabe besteht „nur“ darin, ihre Schwester zu befreien. Aber um das zu erreichen, muss sie zuerst einmal herausfinden und akzeptieren, wer sie selbst ist.

Haben Sie eine Lieblingsfigur und warum gerade diese?
Ich mag die jüngste Hexe sehr. Das liegt aber weniger am Drehbuch als vielmehr an der, wie ich finde, sehr besonderen Interpretation der Figur durch Caro Cult. Nahbar, frech und doch knallhart treibt sie ihr böses Spiel.

Welche Szene im Film fanden Sie im Schreibprozess besonders spannend?
Zottel trifft im Wald auf den bis dato selbstbewussten, großmäuligen Prinzen. Der weiß aber gerade nicht weiter. Zottel dafür schon. Zum ersten Mal kommen die beiden sich näher unter nun veränderten Vorzeichen. Zottel und der Wolf weisen den Prinzen in seine Schranken. Von nun an ist Zottel Chefin.

Für welche Zielgruppe wurde dieser Märchenfilm produziert?
Ehrlicherweise ist dieser Film kein klassischer Märchenfilm mehr. Das ist so gewollt. Inszenierung, Look, Rhythmus und auch die Anlage der Geschichte sind, was man allgemein als Fantasy bezeichnet. Das heißt, für die ganz kleinen Zuschauer ist das wohl eher nichts. Aber es bleibt ab Schuleingangsphase aufwärts Familyentertainment.

Welche Moral steckt in der „Hexenprinzessin“?
„Und die Moral der Geschicht, …“ – das ist immer so eine Sache. Märchen waren unverhüllt didaktische Wirkmittel in vergangenen Zeiten, oder anders gesagt, war es Absicht mit ihnen eine klare Moral zu stiften. „Die Hexenprinzessin“ ist ein Film. Seine Figuren haben eine Haltung oder entwickeln diese durch ihre Erlebnisse. Das mitzuerleben, kann zum (Nach-)Denken anregen.

Es hieß ja bereits, dass der Film etwas düster sei. Wie sehen Sie das?
Nun, die drei Hexen sind keine netten Damen von nebenan. Ihre Agenda ist böse und menschenverachtend. Die Atmosphäre muss allein schon in diesen Sequenzen düster sein, nimmt man die Anlage der Geschichte ernst. Dann handelt es sich, wie schon erwähnt, auch nicht mehr um eine typische Märchenverfilmung des öffentlich-rechtlichen Fernsehens, sondern um Fantasy. Da ist beim ZDF in den letzten Jahren ein Trend entstanden, den ich persönlich interessant und spannend finde.

Welches der drei Märchen „Die Hexenprinzessin“, „Schneewittchen und der Zauber der Zwerge“ und „Die weiße Schlange“ war für Sie beim Drehbuch schreiben am interessantesten?
Alle. Klingt abgedroschen, meine ich aber ehrlich. Jeder Stoff hatte seine Herausforderungen, tollen Momente und Tücken. Einmal in eine Welt eingetaucht, macht es unheimlichen Spaß, sich dort zu bewegen.

Zu welchen Märchen würden Sie gern ein Drehbuch verfassen?
Herrje, da gibt es eine Menge. Neulich z.B. habe ich meinem Sohn eine Geschichte vorgelesen, die auf einer alten chinesischen Legende beruht. Ein Prinz wird von einer Tigerin großgezogen. Menschen haben ihre Jungen getötet und der König kann das rasende Tier nur besänftigen, indem er ihr seinen eigenen Sohn übergibt. So lernt der Junge gleichsam das Leben im Wald und im Palast kennen und vereint den Menschen wieder mit der Natur.

Oftmals werden ja die Neuverfilmungen sehr kritisiert. Man findet sie oft zu kitschig, zu modern, sie hätten keinen Charme etc. Wie ist Ihre Meinung dazu?
Neues wird immer kritisiert werden, das liegt in der Natur der Sache. Spannend ist die Frage, ob das Publikum, das noch nicht so alt ist, um zu den notorischen „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“-Apologeten zu gehören, einen eigenen, undogmatischen Zugang zu diesen „neuen“ Filmen gewinnt. Persönlich kann ich eine tschechisch-slowakische Märchenverfilmung genauso genießen wie eine moderne, actionreiche Adaption, weil es für mich keines Vergleichs bedarf.

Wie stehen Sie generell zum Thema „Gewalt im Märchen“?
Märchenvorlagen sind unheimlich gewaltvoll. Mord, teilweise sogar Massenmord sind Programm. Das hat mit der gesellschaftlichen Funktion der Geschichten zu tun, die sie weit vor ihrer Niederschrift durch z.B. die Grimms hatten. Sollten wir deshalb diese Gewalt in unseren Märchenfilmen werktreu abbilden? Nein! Nicht, wenn es sich um Familyentertainment handelt. Aber für die Horrorfilmadaption eines Märchens wäre Gewalt (explizit oder nicht) genrerelevant.

Wir bedanken uns für das märchenhafte Interview.

Fotos: ZDF/Conny Klein

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