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Interview mit Marvin Litwak ("Das Märchen von der Zauberflöte")
03. November 2023

Marvin Litwak, geboren am 30.11.1986, ist ein Filmproduzent, Regisseur und Drehbuch-Autor.

Als Regisseur drehte er bereits viele Werbefilme und Musikvideos.

Bei den prämierten Kinofilm "Pawo" führte er nicht nur Regie, sondern schrieb auch das Drehbuch und war als Produzent tätig. So auch in dem neuen Märchenfilm "Das Märchen von der Zauberflöte" aus der ARD-Reihe "6 auf einen Streich".

maerchenfilm.info sprach mit Marvin Litwak über die Entstehung und die Dreharbeiten zum Märchenfilm.

Wie sind Sie auf das Projekt „Das Märchen von der Zauberflöte“ auf-merksam geworden?
Tatsächlich wurden wir für eine Ausschreibung hierzu als kreative Produktions-firma direkt vom WDR angesprochen und eingeladen.

Wie entstand die Idee, ein Feenmärchen „Lulu und die Zauberflöte“ von Christoph Martin Wieland und ein Libretto von Emanuel Schikaneder aus der Oper von Wolfgang Amadeus Mozart zu kombinieren und daraus ein Märchenfilm entstehen zu lassen?
Das war Wunsch des WDR und durch die Pitchunterlagen vorgegeben. Die betreuenden Redakteure Jens Opatz und Matthias Körnich haben hier eine große Herausforderung angelegt, das Libretto und Märchen zusammenzulegen und eine neue, moderne Interpretation zu schaffen. Drei Produktionsfirmen durften dann ihre Ansätze, Ideen und ein ausgearbeitetes Exposé vorstellen und wird konnten uns erfreulicherweise als Newcomerproduktion durchsetzen.

Warum entschied man sich für diese Geschichte?
Durch die sehr lange Tradition der „Sechs auf einen Streich“ Reihe, war es sehr schwer noch ein Märchen zu finden, welches nicht schon verfilmt wurde und mit dem man die Zuschauer überraschen könnte. „Das Märchen von der Zauberflöte“ sollte hier dann einen neuen Weg gehen, indem man aus einem Libretto und Feenmärchen ein Abenteuermärchen wandelt, ohne aber die Zeugnisse von Mozarts Musik außer Acht zu lassen.

Was reizte Sie an der Geschichte/Vorlage?
Zu aller erst ist dies eine riesige Herausforderung gewesen. Die Vorlagen beinhalten sehr viele Hauptfiguren, eine komplexe Dramaturgie und gleichzeitig eine Fülle an Interpretationsmöglichkeiten. Dazu kommt der Umstand, dass die Figuren in der Oper ihre Beweggründe, Gefühle und Motivationen durch Gesang ausdrücken. Wir haben bewusst darauf verzichtet, aber mussten trotzdem neue Wege und Räume finden, alle Charaktere und ihr handeln für die Zuschauer zugänglich zu machen und trotzdem nicht an Spannung einzubüßen.

Als Sie von der Produktion zu „Das Märchen von der Zauberflöte“ erfuhren, hatten Sie gleich den Film bzw. Filmbilder im Kopf?
Was von Beginn an aber klar war, war die Stimmung des Films. Es sollte mehr Kino als TV sein, etwas düster, authentisch und haptischer werden. Während der weiteren Entwicklung gab es dann sehr schnell Bilder im Kopf. Ob die Prüfungen oder skizzierte Welten. Vieles von Beginn hat es dann auch in den Film geschafft.

Wie lange dauerten die Vorbereitungen zum Film bis der Drehstart begann?
Zusammen mit Jens Opatz und Matthias Körnich hatten wir den Luxus, dass wir sehr lange an der Geschichte und dem Drehbuch arbeiten konnten. Fast ein Jahr hatten wir also bis zum Drehstart Vorlauf, was letztlich für die Herausforderung des komplexen Drehs und der kurzen Postproduktionszeit von Vorteil war. Ich kannte das Drehbuch, die Figuren, die Auflösung auswendig. Wir haben auch ein komplettes, visuelles Storyboard erstellt, um in den verfügbaren 15 Drehtagen auch die hohen Ziele zu erreichen, die wir uns gesetzt hatten.

Was stand für Sie bei der Entwicklung der Geschichte im Vordergrund?
Es gibt hier eigentlich drei Punkte, die uns besonders wichtig waren. Zuallererst wollten wir ein Märchen schaffen, was der gesamten Familie zu Weihnachten eine unterhaltsame Stunde ermöglicht, in dem mittlerweile moderne Sehgewohnheiten und visuelle Ansprüche des Publikums nicht zu kurz kommen und für jedes Alter etwas dabei ist. Zum anderen war es schon dem WDR sehr wichtig, hier auch veraltete gesellschaftliche Normen aus den Vorlagen zu reduzieren und starke, gleichberechtigte Figuren zu schaffen. Und Drittens haben wir uns die Metaebene „Schein und Sein“ nach vorne gestellt, um auch hier eine Brücke in die Gegenwart zu schaffen, aus der man etwas mitnehmen kann.

Wie haben Sie sich als Regisseur und Produzent auf das Märchen und den Dreh vorbereitet?
Tatsächlich war die erste Erarbeitung, um einen Zugang zum Stoff zu finden, sehr viel Arbeit und sehr herausfordernd. Es gibt unzählige Interpretationen aus der Oper und auch einige Filme, aber "Lulu und die Zauberflöte" muss man erst mal finden. Ich musste also erst mal bei Null beginnen, um einen nicht vergleichbaren, unterhaltsamen Film für die ganze Familie zu schaffen, trotzdem aber die ursprünglichen Vorlagen in Ehre zu halten. So habe ich viele Interpretationen gesehen, Analysen und Bücher gelesen und auch die wunderbare Oper „Das Geheimnis der Zauberflöte“ in Dortmund besucht. So bekam ich ein Gefühl für die Vorlage und konnte das Drehbuch beginnen. Die weitere Vorbereitung bestand dann darin die richtigen Schauspieler und Drehorte zu finden, sowie eine engagierte Crew, die mit uns diesen komplizierten Sprint meistert. Da ich das Drehbuch selbst geschrieben hatte, musste ich nicht erst noch eine Regiefassung hier zu schaffen, sondern habe schon viele versteckte Regieanweisungen im Script zurechtgelegt, so dass alle Departments und Schauspieler von Beginn an eine Linie hatten.

Sie schrieben ja auch das Drehbuch zum Film. Wie nah hält man sich bei diesem Film an die literarische Vorlage?
Gemeinsam mit Jens Opatz und Matthias Körnich habe ich ein aufwendiges Bildertreatment erarbeitet. Hierzu haben wir uns die wichtigsten Plotpoints der Vorlagen zurecht gelegt, aber den Weg dazwischen mit unseren neuen Charakteren der Figuren neue Wege gestrickt, sowie mit Abenteuer und Humor frei gefüllt. Dazu haben wir die Funktion der Zauberflöte als Gegenstand neu definiert und eine begleitende geheimnisvolle Figur geschaffen, um umständliche Wege aus den Vorlagen einzukürzen, aber trotzdem nicht außer Acht zu lassen. Schließlich haben wir nur 58 Minuten Zeit.

Gab es besondere Ereignisse beim Dreh?
Besonders war die unglaubliche Harmonie und Freude die alle mitbrachten, ob unsere wunderbaren Schauspielerinnen und Schauspieler oder die Crew. Alle wussten, dass wir hier alles auf eine Karte setzen und alle haben an einem Strang gezogen, um wirklich das Beste herauszuholen. Nach Drehschluss sind auch nicht alle in ihre Betten verschwunden, sondern haben einfach weiter viel Zeit miteinander verbracht und sind so zu einer Einheit geworden. Das war einfach beeindruckend und spürt man im Ergebnis auch.

Durften Sie bei den Schauspielern mitentscheiden? Hatten Sie einen Wunsch?
Jens, Matthias und ich haben das Casting letztlich alleine durchgeführt. Als Regisseur hatte ich noch nie das Vergnügen mit einem Casting-Director zu arbeiten, finde es aber auch einfach toll hier mitzubestimmen, liebe es selbst zu suchen und mich überraschen zu lassen. Vom ersten E-Casting, bis zum Live Konstellationscasting war ich also dabei. Es gab Darsteller mit denen ich bereits arbeiten durfte wie Dimitri Abold, Waldemar Kobus, Carlotta Truman, Hicham Lahsoussi oder Arnel Taci – die natürlich direkt von mir angesprochen wurden und die man teilweise schon beim schreiben immer vor sich gesehen hat und andere wiederum hatte man zu Beginn nicht gesehen, aber dann einfach stark überzeugt und sich direkt verliebt. Es war einfach toll wie sich dann alles letztlich zusammengefügt hat und wir dann mit einem einfach traumhaften Ensemble an den Start gehen durften.

Welchen aktuellen Bezug hat „Das Märchen von der Zauberflöte“ zur heutigen Zeit?
Zum einen unsere Meta-Ebene „Schein und Sein“ zielt auf die heutige Zeit ab, in der soziale Medien eine große Rolle in der (Selbst-)Darstellung eines jeden Menschen spielt. Gerade das Leben der Menschen unter 40 Jahren hat sich zu einem großen Teil in eine digitale „Realität“ verschoben. Wir wollen hier genau ansetzen, in dem es eben nicht darauf ankommt, ob man ein Prinz ist oder nicht. Oder sich das Gute manchmal als das eigentliche Böse herausstellt. Alle Figuren wandeln sich, versuchen entweder zu täuschen oder gelangen an die Wahrheit.

Welche Moral möchte dieser Film vermitteln?
Wir haben nicht nur eine Moral versteckt, aber wenn es eine gibt die herauszustellen gilt, wäre das: Um wahres Glück und wahre Liebe zu empfinden, musst du zuerst dich selbst lieben und zu dir stehen.

Haben Sie eine Lieblingsszene im Film und warum gerade die?
Es gibt viele tolle Szenen. Ohne zu viel zu spoilern, liebe ich jede Szene, wenn Tamino und Papageno sich auf den Weg machen. Sie könnten ungleicher nicht sein, aber rücken in jeder Szene näher zusammen – überall steckt etwas für die Lachmuskeln und fürs Herz drin. Auf der anderen Seite sind alle Szenen mit der Königin der Nacht und ihren Damen oder Monostatos eindrucksvoll und lassen eine düstere Spannung aufsteigen.

An welches Publikum richtet sich der Film?
Wir wollen klar die ganze Familie erreichen und vor allem einen neuen Zugang zum Genre Märchen für das jüngere Publikum schaffen. Mozart-Fans werden hier zwar viele Zitate (vor allem musikalisch) finden, aber es wird ganz klar keine simple Adaption von der Bühne auf Film sein. Je offener man in den Film hineingeht, desto mehr Freude wird man daran haben.


Oftmals werden ja die Neuverfilmungen sehr kritisiert. Man findet sie oft zu kitschig, zu modern, sie hätten keinen Charme etc. Wie ist Ihre Meinung dazu?
Ich werde Fans der Klassiker hier verstehen, aber bin klar der Meinung, dass das Genre „Märchen“ im Jahr 2023 moderne Figuren, eine zeitgemäße Dramaturgie und eine an die heutige Zeit gemessene Authentizität benötigt. Die Zuschauer müssen sich mit den Figuren identifizieren können und der Film muss unterhaltsam sein, damit die transportierten Werte und Moral auch Gehör finden. Hierzu gilt es dann manchmal neue Wege zu gehen, statt plattgetrampelte Pfade einzuschlagen.

Gibt es bereits Zukunftspläne für weitere Märchenfilme?
Leider noch nicht. Ich habe aber sehr viel Freude daran Geschichten aus einer fantasievollen Welt erzählen zu dürfen und wäre bereit für ein weiteres. Ich hoffe sehr, dass dies nicht mein letztes Märchen sein wird.

Welches Märchen würden Sie denn gern umsetzen wollen?
„Die sieben Raben“ ist eines der Märchen, welches ich aus der Kindheit noch heute in der Erinnerung habe, aber vor nicht langer Zeit bereits sehr schön verfilmt wurde.
„Von einem, der auszog, das Fürchten zu lernen“ fällt mir hierzu ebenso ein, aber nur, wenn man hier auf eine ausschließlich erwachsene Zielgruppe zielen dürfe.

Wir bedanken uns sehr herzlich für das märchenhafte Interview.

TV Termin:
"Das Märchen von der Zauberflöte "
26.12.2022, DasErste, 15:25 Uhr


Zuerst in der ARD Mediathek

Fotos: FYNAL, Marvin Litwak, Amin Oussar

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