Im Episodenmärchen „Die Galoschen des Glücks“ von Hans Christian Andersen geht die Sorgenfee davon aus, dass der Mensch nicht zum Glücklich-Sein geschaffen ist, während die Glücksfee durch Zaubergaloschen Versuchungen anstellt, die Menschen glücklich zu machen – im Glauben, dass der Mensch dazu fähig ist, glücklich zu werden.
1986 wurde das Märchen sehr anspruchsvoll verfilmt: In einer einzigen Ballnacht tragen die unterschiedlichsten Menschen die Zaubergaloschen und stellen mit ihren Wünschen die Komplexität der menschlichen Psyche dar: Ein Schulrat wünscht sich in die Zeit Karls des IV zurück und wird zum Opfer unvorhergesehener Missverständnisse durch seine anachronistische Verhaltensweise, während ein Laternenanzünder zum Leutnant wird und sich nach diesem ‚Alptraum‘ sogar nichts sehnlicher wünscht, als tot zu sein. Fast schon findet man sich in den Wünschen wie in Träumen wieder, die in der nicht-märchenhaften Realität surreal und widersprüchlich anmuten. In dieser Darstellungsweise schafft es der Film, eine eindrucksvolle Atmosphäre aufzubauen. Auch die Filmdialoge sind hervorzuheben, da sie viel Raum für eigene Interpretationen schaffen:
„Es ist müßig, darüber zu streiten, die schönste und beste Zeit war die Zeit Karls des IV.“
„Aber gestatten Sie, da waren wir ja noch gar nicht auf der Welt.“
„Vielleicht eben deswegen.“
Durch diese Komplexität ist der Film jedoch weniger für Kinder geeignet, da er meines Erachtens tiefergehende Denkprozesse erfordert, die in einem solchen Reifegrad wohl nur Erwachsenen abzuverlangen sind. Mehr oder weniger hält sich der Film auch an die Textvorlage, jedoch ist die Geschichte des jungen Studenten, wenn er gern in einer Märchenwelt leben würde, eine innovative Eigenumsetzung, und immer wieder tauchen somit Verweise auf weitere Andersen-Märchen auf: So muss der Student drei Rätsel erraten, um eine verwünschte Prinzessin zu bekommen, was einen schönen Bezug zu Andersens Märchen „Der Reisekamerad“ herstellt, in dem alle Prinzen, die die Rätsel nicht erraten, zu Stein verwandelt werden. Im Ballsaal des Märchenschlosses erblicken wir ein kleines Mädchen mit Schwefelhölzern oder einen ‚standhaften Soldaten‘.
Sehr eindrucksvoll mutet auch das Ende des Films an, das eine durchaus tröstende Botschaft vertritt, die ich natürlich noch nicht verraten möchte.
18.11.2018
- zurück
zur Filmübersicht - |