Ausgangstext ist ein Märchen der Brüder Grimm mit biblisch-mythologischen Motiven, es regt zum tieferen Nachdenken an, und es erzählt von politischer Weltordnung. Kein einfacher Stoff, aber gerade mit Dynamik und Humor schafft es das ZDF, diese ernsthaften Weltmotive in eine Reise zu packen, der die Zuschauer gern folgen.
Der Film steigt ‚in medias res‘ in die Handlung ein: Der König reitet mit seinem Gefolge über ein Feld. Er ist ein herrschsüchtiger, grausamer Herrscher, der seinen Willen skrupellos durchsetzt – ohne Rücksicht auf sein Volk, das ihm vollkommen untertänig scheint. Diese feudalistischen Anfangssequenzen schüren eine angstvolle Stimmung, die durch die bedrohliche Musik unterstrichen wird. Schließlich wirft der König das Glückskind in einen Korb, legt den Korb in einen Fluss, schickt das Glückskind auf seine erste Reise in den Tod, denn es ist seiner Tochter geweissagt. Allein die Weissagung der alten Frau erinnert an antike Orakelsprüche und mutet mythologisch an, sowie der Fluss als Grenze mit dem Fährmann in eine jenseitige Welt – in diesem Fall die Hölle. Und immer wieder ist es die Reise und der Aufbruch, was im Film leitmotivisch hervortritt. Sehr gut setzt der Film die Reisen des Glückskinds ins Bild, indem anhand von weiten Naturlandschaften und Horizonten einerseits Ferne, andererseits sich im Laufen durch dichte Wälder auch Bedrohung ankündigt. Und so bleibt der Film dazwischen – zwischen der Bedrohung des feudalistischen Staatssystems, unter dem das Volk leidet und dem Einzelnen, dem Glückskind, das den Menschen Freude und Lebenszufriedenheit zurückbringt. Hauptdarsteller Bela Baptiste gibt sein erstes Filmdebüt und beschert dem Film durch seinen jugendliche, schwungvolle Eigendynamik. Sehr gelungen auch die Rolle des Königs (dargestellt von Leonard Lansink), dem es gelingt, seiner Rolle eine bedrohliche und zugleich triste Atmosphäre aufzusetzen.
Besonders hervorzuheben ist die Bewegung im Film, die bedrohlichen Szenen wirken dynamisch, der Bildwechsel verläuft schnell. Sehr gut auch die erste Begegnung des Glückskinds mit dem König, die sich ebenfalls durch eine Gefahrenszene und einen schönen Kontrast auszeichnet: Will der König das Glückskind töten, so rettet dieses ausgerechnet seinem größten Feind vor dem wildgewordenen Pferd, indem es dieses zur Ruhe bringt. Doch selbst wenn die Szenen noch so bedrohlich anmuten, so vermittelt der Film das (für ein Märchen durchaus wichtige) Gefühl, dass das Glückskind stets alles zum Guten wenden wird. Die zentrale Höllenszene, deren Atmosphäre ebenfalls immer wieder zwischen Gut und Böse, Humor und Bedrohung, wechselt, verschafft dem Zuschauer eine abwechslungsreiche Karussellfahrt durch die Abgründe von Teufel und Ellermutter.
Des Weiteren arbeitet der Film nicht selten mit Humor. Hier sind vor allem die gelungenen Verwechslungsszenen hervorzuheben, als Hans für den vom König erwünschten Gemahl Isabellas gehalten wird – positiv anzumerken auch, dass sich der Film mit dem Motiv der Verwechslung an die Literatur der Romantik anlehnt.
Sehr gut und atemberaubend auch die Kulissen und Kostüme des Films! Zwar ist der Film ziemlich vorlagengetreu, aber gerade dies eröffnet dem Rezipienten den Zugang zur Textvorlage noch weiter, was vor allem in der verstärkenden Auseinandersetzung mit den Textmotiven liegt. Dadurch gewinnt er, der Film, und – er ist in jedem Fall Gold wert!
18.03.2013
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