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Terra X: Magie der Märchen
02. September 2020

Jeder kennt sie vom Vorlesen, aus Bilderbüchern und Verfilmungen: Die Märchen unserer Kindheit. Ursprünglich gar nicht für Kinder gedacht, sind Märchen fest in unserer Erinnerung verankert. Losgelöst von Raum und Zeit sind sie Sinnbilder für moralische Werte. Oft geht es um den Kampf "Gut gegen Böse". Zu den berühmtesten gehören die Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm. Sie sind über 200 Jahre alt, ihre Vorläufer reichen aber noch viel weiter zurück. Lange wurden Märchen vor allem mündlich weitergegeben.
Dabei haben die Lebenswelten der Menschen Eingang in die Erzählungen gefunden. Hoffnungen und Ängste, Aberglaube, die harte Realität – diese und andere Erfahrungen sind wie Jahresringe Teil der Märchen geworden. So entstanden nicht nur Geschichten, die mit großem Erfolg immer wieder neu erzählt wurden. Dabei wuchs auch ein Speicher an Erinnerungen – ein kulturelles Gedächtnis der Menschheit. In den Märchen der Brüder Grimm gibt es demnach reiche Schätze zu entdecken. Wenn man sie richtig zu lesen versteht und die Spuren aufgreift, dann kommt man zu realen Ereignissen oder zur Befindlichkeit und zum Lebensgefühl von Menschen, die vor vielen Generationen gelebt haben. Doch die Spuren sind verschlüsselt.

"Terra X" verfolgt die Spuren im Verbund mit Wissenschaftlern und an Orten, die für das Verständnis der Märchen eine Schlüsselfunktion haben. Spielszenen rekonstruieren die jeweilige Lebenswirklichkeit, die in den Märchen von "Frau Holle" und "Hänsel und Gretel" ihren Niederschlag gefunden hat. Aufwendige Computeranimationen zeigen die poetische und magische Vorstellungswelt der Märchen. Ihren weltweiten Erfolg verdanken sie nämlich vor allem dem Zauber, der jedem Märchen innewohnt. 

04.10.2020: Frau Holle und ihre versunkene Welt
11.10.2020: Hänsel und Gretel auf der Spur

Folge 1: Frau Holle und ihre versunkene Welt

In der ersten Folge der neuen "Terra X"-Reihe "Magie der Märchen" betreten die Autoren die mythische Welt der Frau Holle und zeigen, wie die germanische Sagenfigur ins Märchen kam.

Der Brunnen als Tor in die fantastische Welt der Frau Holle. Sie belohnt die Fleißigen und bestraft die Faulen. Wie kein anderes Märchen offenbart die Erzählung, wie nachhaltig die bürgerliche Moralvorstellung des 19. Jahrhunderts das Frauenbild prägte. 

Frau Holle lässt es schneien, wenn sie die Betten aufschüttelt – das hat wohl jeder schon einmal gehört und sich gewundert: Wie kann das sein? Im Märchen stecken aber noch mehr Geheimnisse, die nicht auf den ersten Blick zu entschlüsseln sind. Eines davon ist der Brunnen – ein mit vielfachen Bedeutungen aufgeladener Ort. Am Brunnen sitzen in der germanischen Mythologie die Nornen, die für die Menschen den Schicksalsfaden spinnen. Im Märchen der Brüder Grimm ist er das Durchgangstor in eine andersartige, fantastische Welt. Doch auch in der realen Welt spielt der Brunnen eine zentrale Rolle. Brunnen sorgen seit jeher für das lebensnotwendige Wasser. Über Jahrhunderte trafen sich am Brunnen vor allem die jungen Frauen. Der Ort war eine Börse für Gerüchte und ein Fokus des sozialen Lebens.

"Frau Holle" ist vor allem eine Geschichte über zwei junge Frauen: Goldmarie und Pechmarie. Es ist das einzige bekannte Märchen, in dem nur Frauen vorkommen. Wie sahen ihre Lebenswelten aus, ihre Lebensentwürfe und Optionen? 

Das Märchen entstand in der Form, wie es heute bekannt ist, in der Biedermeierzeit. Die Geschichte von der fleißigen Goldmarie und der faulen Pechmarie sollte eine Art moralische Leitlinie für die sittsame Frau sein. Für Dienstmädchen gab es später sogar ein Handbuch mit präzisen Verhaltensregeln. Mit dem wirtschaftlichen Aufschwung des Bürgertums landeten immer mehr junge Frauen vom Land in den Haushalten der wohlhabenden Städter. Im Märchen ist der Schauplatz das magische Reich von Frau Holle. Dort treffen zwei Welten aufeinander: die übermächtige Frau Holle und zwei ganz normale Mädchen, die auf die Probe gestellt werden.

Frau Holle selbst hat ihren ersten Auftritt erst spät im Märchen. Sie ist eine rätselhafte Figur. Wer eigentlich dahinter steckt, darüber streiten sich die Forscher. Einigkeit besteht darin, dass sie auf uralte weibliche Gottheiten zurückgeht. Die altrömische Diana, die germanische Freya – viel spricht dafür, dass Frau Holle mit diesen und weiteren in eine Reihe zu stellen ist. Eine Erklärung gibt es aber dafür, dass die Erinnerung an diese mythische Figur sonst weitgehend verschwunden ist: Die Mönche, die vor über tausend Jahren im heutigen Deutschland das Christentum verbreiteten, haben gründliche Arbeit geleistet. Auch in der damals neuen Religion gab es eine weibliche Figur, die im Volk bald große Verehrung genoss: die Mutter Maria. Im fränkischen Amorbach und in Würzburg kann man sehen, wie Stätten heidnischer Göttinnen umgewidmet und an ihrer Stelle Kapellen für die Mutter Gottes gebaut wurden. Nur im Alpenland hat eine späte Ausprägung des heidnischen Kultes überlebt: Im "Perchtenlauf", der zum Jahreswechsel bis heute große Zahlen von Besuchern anzieht.

Sendezeit: 04.10.2020, 19:30 Uhr, ZDF

Die Dokumentation ist ab Mittwoch, 30.09.2020, in der ZDF Mediathek unter terra-x.zdf.de und ab Sonntag, 04.10.2020, auf dem YouTube-Kanal "Terra X: Natur & Geschichte" abrufbar.

Fotos: ZDF, Sabine Finger

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